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Bestandsaufnahme 3

2005-02-03 - mileage 84875

Heute mal einen Tausch des Kühlmittels dazwischen schieben, das ist einfach und geht schnell, böse Überraschungen gibt es dabei ja nicht. Sollte jedenfalls so sein, dass das bei einem so alten Auto mit vernebelter Vorgeschichte nicht zwingend so ist, davon gleich mehr!

Da ich aufgrund meiner über zwei Jahrzehnte gewachsenen Markenverbundenheit mit VW und Audi meine "Stammwerkstatt" gleich um die Ecke habe, besorgte ich die Betriebsflüssigkeiten dort. 1 Liter Bremsflüssigkeit für die nächste Woche, 3x 1.5 Liter Kühlmittelzusatz G12+ von VW für heute. Damit waren schon wieder 40 Euro über den Jordan, aber das passiert ja nicht alle Tage und das Auto muss halt erst einmal einen sauberen "Reset"-Status erreichen (Insiderbegriff aus der Hardwaretechnik).

Das "Plus" in der Bezeichnung G12+ ist ungemein wichtig. VW hatte jahrelang den Zusatz G11 im Programm, dieser war blau gefärbt und konnte in allen Motoren problemlos verwendet werden. Warum auf eine andere Chemikalie umgestellt werden musste, entzieht sich meiner Kenntnis, aber plötzlich gab es zusätzlich den Kühlmittelzusatz G12. Dieser durfte aber nur in neuen Fahrzeugen verwendet werden und auch keinesfalls mit dem alten G11 gemischt werden. Eine Umstellung von G11 auf G12 war nur in Sonderfällen erlaubt, dann musste das Kühlsystem aber auch intensiv gespült werden, bevor G12 eingefüllt werden durfte. Von daher war mir G12 schon immer suspekt.

Seit wenigen Jahren nun gibt es G12+ (oder eben G12 plus). Dieser Zusatz ist wieder für alle Motoren verwendbar und lässt sich auch mit den alten Chemikalien problemlos mischen. Genau das Zeug hab ich dann gekauft.

Die Mischung erfolgte 1:1 (bis -36°C Frostschutz, bei 3:2 Wasser:G12+ ergeben sich -24°C), auch für einen ausreichenden Korrosionsschutz. Ich mischte erst einmal 3 Liter zurecht, da ich keine Ahnung hatte, wie viel überhaupt im Kühlsystem drin ist.


Die zwei Kühlwasserbehälter und der Wasserkühler

Zuerst drehte ich beide Deckel der Wasserbehälter auf. Dann schob ich eine kleine Kunststoffwanne (etwa 8 Liter fassend) unter den Wasserkühler und drehte dort die Ablassschraube heraus. Es plätscherte ein wenig. Für mein Gefühl wesentlich zu wenig. Nun ja, ich holte einen Eimer Frischwasser und kippte in den roten Einfüllbehälter etwa einen Liter nach, dieser fand seinen Weg auch sofort durch den Wasserkühler hinab in die Wanne. Das so entnommene Kühlwasser hatte eine fluoreszierend grüne Farbe und schien zumindest recht frisch zu sein.

Ich drehte die Ablassschraube wieder in den Wasserkühler ein und kippte mittels Trichter zuerst bis zur Max-Markierung neues Kühlwasser in den gelben Vorratsbehälter (Teil stammt übrigens von Volvo). Nun war bereits ein Liter weg. Den Rest kippte ich langsam in den roten Einfüllbehälter neben dem Zylinderkopf. Viel ging erst nicht rein, bis ich merkte, dass ein leichtes Anheben die Blasen aus dem Verbindungsschlauch zum Wasserkühler hin austrieb und damit erst das weitere Einfüllen ermöglichte. Mit dieser Methode verschwanden die restliche zwei Liter Flüssigkeit komplett im Motor. Genauso wie weitere 4 Liter neu gemischte Kühlflüssigkeit!

Also, das schien mir doch recht viel, wenn ich mir dazu im Gegensatz die kleine Pfütze ansehe, die aus dem Motor heraus kam. Ich kippte immerhin um die 7 Liter neues Kühlmittel ein. Zweifelnd literte ich die alte Flüssigkeit ab, es waren nur 1.8 Liter, wovon sowieso etwa 1 Liter auf die Spülaktion nach dem Ablassen gegangen ist.

Somit ist der Wagen nahezu ohne Kühlwasser gewesen. Ich hoffe sehr, dass er so nicht warm betrieben wurde. Befürchte aber schlimmes, immerhin wurde die Kopfdichtung getauscht und das Fahrzeug danach sicher getestet.

Der Händler, der die Kopfdichtung getauscht hatte, hat wirklich keine gute Arbeit geleistet, sehr traurig, so was auch noch bei einem scheinbaren Enthusiasten mit dem Hof voller antiker Sportwagen, der es sicher besser weiß. Das Öl war nicht gewechselt und in erbärmlichem Zustand und das Kühlwasser hat fast komplett gefehlt. Ein Glück, dass ich das geprüft hab. Vorsicht kann ein guter Berater sein.

Jeden Tag eine neue Überraschung. Ist doch auch was.

 

2005-02-06 - mileage 84875 to 84878

3 Meilen bis Mitternacht (aka Dunkeltuten, rien ne vas plus)


Probefahrt Seven Spreenhagen 1 - Ganz nett so ohne Verkleidung

Heute Probefahrttermin auf dem Firmengelände des Freundes im Bereich Oberspree. Schön abgelegen und ruhig, kein Problem mit lauten Fahrzeugen am Sonntag.

Verabredet waren wir um 11:00 in Spreenhagen bei Berlin. Also gegen 9:00 mit den Vorbereitungen angefangen. Gegen 9:45 wollte ich dann verladen, die Bühne abgekippt und versucht, den Seven anzulassen. Nix. Na ja. -5°C in etwa. Aber dennoch sollte er anspringen. Aber weder mit noch ohne Choke. Der Anlasser scheint auch eine harte Macke zu haben, spurt häufig gar nicht ein, und wenn, dann spurt er beim leisesten Zünden der Maschine wieder aus. Nach längerem Gefräse und langsam ermüdender Batterie gab ich es auf. Also frustriert das Fahrzeug auf den Trailer geschoben. 550kg mit kaputtem Arm in einem Winkel von 5° nach oben schieben. Toll. Die Starthilfekabel in den Kofferraum des Zugfahrzeuges geschmissen und mit 10 Minuten Verspätung abgefahren.

Als ich dann angekommen war und der Seven abgeladen, schoben wir ihn gleich neben den Motorraum meines Zugfahrzeuges zwecks Stromspende. Nun stellte sich der Anlasser als das Hauptproblem heraus. Sobald der Motor mit der ersten Zündung begann, spurte dieser aus und der Startversuch war beendet. Das funktionierte also so nicht. Der Anlasser kam in der To-Do-Liste auf Platz 1 von etwa 2719 Punkten, die sich inzwischen angesammelt hatten.

Ergo anschleppen. Einen der 3-Tonnen-Spanngurte an den vorderen Querträger geknotet und an die Anhängekupplung des Audi S8 des Freundes gehangen und los ging es. Im vierten Gang wollte er nicht, schnaubte nur unwillig. Im dritten wurde es schon besser, reichte aber nicht. Als wir schließlich im ersten Gang eine halbe Runde um das Firmengelände schleppten, kam er plötzlich. Und lief.


Probefahrt Seven Spreenhagen 2 - Angestrengtes Gesicht bei den ersten Kurven

Nun ging es los. Probefahrt. Erst einmal sehr langsam, im zweiten Gang um die Fabrikhallen herum, maximal 3000UpM. Schön vorsichtig. Nach zwei Runden lief er dann anständig stabil, auch im Leerlauf, ging nicht mehr aus. Allerdings wurde der Öldruck im Leerlauf sukzessive geringer. Von den anfänglichen 90-100psi wurden nach drei Runden nur noch 50psi. Nach zwei weiteren Runden waren es nur noch 40, dann 30 und dann 20psi auf dem Öldruckmesser. Bei Drehzahlen um die 4000UpM wurden dennoch 80psi erreicht, aber nur 20psi (also etwa 1.4bar) im Stand halte ich für zu gering. SCHLECHT.

Dann der Test, was das Kühlwasser sagt: im Leerlauf bleibt das Kühlwasser im Einfüllbehälter (nach anfänglichem Druckausgleich natürlich) einigermaßen konstant vom Niveau, bei angehobener Drehzahl aber fängt es gewaltig an zu sprudeln. Eventuell gehen Verbrennungsgase in das Kühlsystem ein. SCHLECHT.

Der Wagen drückt kontinuierlich Kühlwasser durch den Ausgleichsbehälter nach außen, verliert so pro Runde mehrere 100ml Wasser. SCHLECHT.

Aufgrund dieser ganzen Umstände entschlossen wir uns, den Test vorzeitig abzubrechen.

Als ich das Fahrzeug zwei Stunden später wieder zu Hause hatte, prüfte ich den Ölstand, wenigstens das sollte ja noch in Ordnung sein. Aber nein, der Ölstand war um einen geschätzten Liter geschrumpft und das Öl hatte eine grünliche Farbe angenommen, an der Oberfläche sogar ein gräulicher Schaum, der verdächtig der Farbe des alten Öles ähnelt, das ich wenige Tage zuvor zur Entsorgung freigegeben hatte. SEHR SCHLECHT!

Damit stand fest:

Der Motor ist komplett überholungsbedürftig.

Die angeblich neue Kopfdichtung, die der Verkäufer eingebaut hat, hält scheinbar nicht das, was sie verspricht. Oder es wurde gepfuscht. Oder es liegt eben noch ein anderer Fehler vor, bei dem sich Öl und Wasser vermengen können (Riss im Block, verzogener Kopf etc.).

Aufgrund der Rahmenproblematik entschloss ich mich zur final harten Tour: Am morgigen Tag wird das Fahrzeug einem hier in der Stadt ansässigen Seven-Experten vorgeführt. Hat dieser klare Zweifel am Originalzustand des Wagens, wird dieser - notfalls mit anwaltlicher Unterstützung - dem Händler wieder zurückgegeben. Egal, ob es ein Vermittlungsgeschäft war oder nicht. Der Wagen wurde eindeutig als originaler 1968er Lotus Super Seven S3 beworben. Mal schauen. Sagt dieser Experte, dass er das Fahrzeug für durchaus original hält, dann werde ich nochmals eine gute Summe in eine komplette Motorrestauration durch eine Werkstatt investieren. Und versuchen, mit dem Händler eine gütliche Einigung zu erreichen, dass sich der Verkäufer wenigstens an der teuren Reparatur beteiligen möge. Immerhin wurde mir das Fahrzeug als vollkommen in Ordnung verkauft.

Resümee bis hier:

VORSICHT beim Kauf eines gefragten Oldtimers. Man sitzt trotz sehr gutem Anschein schnell einer totalen Mistmöhre auf. Der Weg von Top nach Flop ist wesentlich kürzer, als man so denken mag.


Probefahrt Seven Spreenhagen 3 - Das Fahrwerk könnte härter sein


Probefahrt Seven Spreenhagen 4 - Ja, was man da sieht ist eine Kühlwasserspur

2005-02-07

So, der erste Schaum vor dem Mund ist abgetrocknet. Soeben mit Herrn Maurer von der Seven-IG Deutschland telefoniert, sehr nett und hilfsbereit. Ich schilderte diesem das Problem mit dem Motor und dem Rahmen. Zum Rahmen bzw. der Originalität sagte er, dass es durchaus nicht selten sei, dass die damals recht weich gebauten Rahmen nicht allzu lange halten und dann ein neuer eingebaut wird. Die Firma Arch Motor hätte das allerdings immer nur als Restauration gemacht. Alten Rahmen anliefern, die Rahmennummer wird ausgeschweißt und in einen fabrikneuen Rahmen eingesetzt. Somit könnten also die Schrägstreben durchaus bei alten Fahrzeugen auftauchen. Als Referenz hat er mir das leider schon vergriffene Buch "Lotus Seven" von Tony Weale empfohlen, was bis zum Stromlaufplan so ziemlich alles enthalten soll, was den alten Seven technisch betrifft.


Lotus Seven - Tony Weale

In diesem Buch sind auf Seite 76 auch Rahmenzeichnungen abgedruckt.

Bestandsaufnahme 2 - Demontage und Reinigung