Das Prinzip des Programmes Enigma 2

 

Ich will hier das Prinzip der polyalphabetischen Verschlüsselung beschreiben, welches meiner Enigma-2-Maschine zugrunde liegt. Exemplarisch dargestellt wird dieses an einer Bestückung mit drei Walzen I, II und III, der Umkehrwalze A und allen Walzen in Grundstellung. Um exakt zu sein, stammen diese Walzen aus dem "Funkschlüssel M" und sind historisch überliefert. Dies ist übrigens auch die Standardkonfiguration, in der die Software startet.

Die in der Software enthaltenen historisch belegten Walzen haben folgende "geheime Verdrahtung":

Die römischen Ziffern definieren die Walzen, UKW die Umkehrwalzen.

Wie funktioniert nun also die Maschine bzw. die Simulation mit der Enigma-2-Software?

Dazu schauen wir uns folgendes Schaltschema an:

Wir sehen rechts im blauen Feld symbolisch die Tasten dargestellt. Diese führen auf eine Reihe von 26 elektrischen Schleifkontakten. Anliegend an diesen Kontakten folgt drehbar gelagert die erste Walze, auf beiden Seiten mit Schleifkontakten ausgestattet. Links danebenliegend folgt die zweite Walze, links davon dann die dritte Walze und abgeschlossen wird das ganze von der so genannten Umkehrwalze.

Die Buchstabenreihen auf den gelb dargestellten Walzen geben die Walzenstellung an. Jeweils einer von jeder Walze (hier die erste Zeile "A") erscheint an der realen Maschine in einem Sichtfeld, damit der Nutzer von außen die Stellung der Walzen ablesen und ggfs. korrigieren kann.

Bei Drücken einer Taste auf der schreibmaschinenähnlichen Tastatur (blaues Feld), fließt ein Strom durch den danebenliegenden rechten Kontakt der Walze 1, wird dann in geheimer Verdrahtung auf einen der 26 linken Kontakte der selben Walze weitergereicht, fließt dann über den entsprechenden rechten Kontakt der Walze 2 in diese hinein, wird dort ebenfalls in geheimer Verdrahtung an einen der 26 linken Kontakte weitergereicht und so weiter...
Der Strom fließt also von der Tastatur durch die drei Walzen hindurch und erreicht die Umkehrwalze, die im Gegensatz zu den mittleren Walzen keine linke Kontakte aufweist, sondern innerhalb der rechten Kontakte den Strom zurückspeist. Hier sind also 13 Buchstaben in geheimer Verdrahtung mit den 13 restlichen Buchstaben verbunden. Danach fließt der Strom durch die drei Walzen zurück und gelangt dann zu den Tastaturanschlüssen, an denen Glühlampen angeschlossen sind, die das Zielalphabet zeigen, ein Abbild der Tastatur.
Beim Loslassen der Taste drehen sich die Walzen 1 bis 3 nach der Art eines Fahrzeugkilometerzählers, d.h. Walze 1 dreht sich einen Buchstaben weiter, Walze 2 dreht sich einen Schritt, wenn Walze 1den Übertrag von Z auf A macht, Walze 3 einen Schritt beim Übertrag der Walze 2 von Z auf A. Somit dreht sich Walze 1 alle 26 Zeichen einmal im Kreis, Walze 2 alle 676 Zeichen und Walze 3 nur alle 17.576 Zeichen. Die Umkehrwalze ist nur in einer einzigen Position verwendbar, dreht sich nicht.

Man erkennt hier gut zwei entscheidende Eigenschaften, die die Entschlüsselung durch die alliierten Streitkräfte erheblich beschleunigten:
>> Ein zu verschlüsselnder Buchstabe liefert als Ergebnis NIE sich selbst zurück.
>> Die Umkehrwalze funktioniert in beide Richtungen gleichsam, liefert A verschlüsselt P, so liefert P verschlüsselt auch wieder A.

Aus genau diesen zwei Eigenschaften resultiert aber auch, dass die Enigma-Maschine bei gleicher Einstellung einen Text verschlüsseln und auch wieder entschlüsseln kann. Es ist nur der Startschlüssel zu kennen, bestehend aus der benutzten Walzenbestückung, der Kennung der Umkehrwalze sowie der Startstellung der Walzen.

Um es ein wenig begreiflicher zu machen, wie mächtig gerade das Weiterdrehen die Maschine macht, betrachten Sie bitte einmal folgendes Beispiel:

Wir bestücken die Maschine mit den Walzen I, II und III und der Umkehrwalze A, die Walzen bringen wir alle in Grundstellung 01. Nun drücken wir zweimal die Taste A und verfolgen den Stromfluss durch die Kodierwalzen!

Beim ersten Druck auf die Taste A wird der Strom wie folgt fließen:

- Von Taste A zu Kontakt A rechts der Walze 1
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 1 von Kontakt A rechts zu Kontakt E links
- Von Kontakt E links der Walze 1 zu Kontakt E rechts der Walze 2
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 2 von Kontakt E rechts zu Kontakt S links
- Von Kontakt S links der Walze 2 zu Kontakt S rechts der Walze 3
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 3 von Kontakt S rechts zu Kontakt G links
- Von Kontakt G links der Walze 3 zu Kontakt G der Umkehrwalze
- Von Kontakt G der Umkehrwalze zu Kontakt Y der Umkehrwalze
- Von Kontakt Y der Umkehrwalze zu Kontakt Y links der Walze 3
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 3 von Kontakt Y links zu Kontakt O rechts
- Von Kontakt O rechts der Walze 3 zu Kontakt O links der Walze 2
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 2 von Kontakt O links zu Kontakt Y rechts
- Von Kontakt Y rechts der Walze 2 zu Kontakt Y links der Walze 1
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 1 von Kontakt Y links zu Kontakt O rechts
- Von Kontakt O rechts der Walze 1 zu Kontakt O Richtung Glühlampe

A wurde zu O verschlüsselt!

Nun rotiert die Walze 1 um einen Schritt weiter.

Beim zweiten Druck auf die Taste A wird der Strom einen ganz anderen Weg nehmen:

- Von Taste A zu Kontakt B rechts der Walze 1
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 1 von Kontakt B rechts zu Kontakt K links
- Von Kontakt K links der Walze 1 zu Kontakt J rechts der Walze 2
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 2 von Kontakt J rechts zu Kontakt B links
- Von Kontakt B links der Walze 2 zu Kontakt B rechts der Walze 3
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 3 von Kontakt B rechts zu Kontakt D links
- Von Kontakt D links der Walze 3 zu Kontakt D der Umkehrwalze
- Von Kontakt D der Umkehrwalze zu Kontakt Z der Umkehrwalze
- Von Kontakt Z der Umkehrwalze zu Kontakt Z links der Walze 3
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 3 von Kontakt Z links zu Kontakt M rechts
- Von Kontakt M rechts der Walze 3 zu Kontakt M links der Walze 2
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 2 von Kontakt M links zu Kontakt O rechts
- Von Kontakt O rechts der Walze 2 zu Kontakt P links der Walze 1
- Über die geheime Verdrahtung innerhalb Walze 1 von Kontakt P links zu Kontakt T rechts
- Von Kontakt T rechts der Walze 1 zu Kontakt S Richtung Glühlampe

A wurde diesmal zu einem S verschlüsselt!

Auch hier rotiert die Maschine wieder einen Schritt weiter für das nächste Zeichen.

Kleiner Unterschied? Ganz und gar nicht! Es liegen 8 alphabetische Verschlüsselungen auf dem Signalweg, die ihre Zuordnung bei jedem Tastendruck vollkommen verändern. Die resultierende Verschlüsselung ist manuell nicht zu "knacken", maschinell unter sehr hohem Aufwand und für die Zeit um den Zweiten Weltkrieg war das nur mit erheblichem Aufwand tausender von Menschen und einer umfangreichen maschinellen Brute-Force-Methode als Grundlage zu schaffen.

Hier sehen Sie, wie die Überprüfung der eben gemachten theoretischen Erkenntnisse in der Enigma-2-Software aussehen:

Viel einfacher, als es anhand von Tabellen händisch zu machen, speziell bei großen Texten.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser kleinen Demonstration einen Einblick in die Arbeitsweise der Enigma-Maschine verschaffen konnte und wünsche Ihnen nun noch viel Spaß mit dem Programm "Enigma 2".