Internationaler Fahrerlehrgang in Hockenheim

Eine kurze Beschreibung eines Weges zur nationalen DMSB-Fahrerlizenz Stufe A, der Lizenz für die Berechtigung zur Teilnahme an Rundstreckenrennen unter nationaler (deutscher) Ausrichtung.

Inhalt:

1 - Einleitung
2 - Fahrzeug
3 - Anreise
4 - Kursaufbau
5 - ein paar Bilder

Um an Rennen nationaler Schirmherrschaft teilnehmen zu können, gibt es mehrere Wege. Ein recht kurzer ist die Teilnahme an einem vom DMSB anerkannten Fahrerlehrgang. Ich entschied mich dafür, den vom ACS-Bern angebotenen Fahrkurs zu absolvieren und mir damit die lizenzrechtlichen Voraussetzungen für die Lizenz Stufe A zu erarbeiten. Der Kurs findet dreimal jährlich (Frühjahr, Sommer und Herbst) auf dem Grand-Prix-Kurs Hockenheim statt. Der Lehrgang kostet (Stand 2005) 640 Euro und man ist gut beraten, sich rechtzeitig dort anzumelden. Der Andrang beim Kurs im Oktober 2005 war jedenfalls stark, ich zählte so über den Daumen 80 Fahrzeuge.

Der von mir besuchte Kurs dauert zwei volle Tage, hier waren es der 5. und der 6. Oktober, glücklicherweise war das Wetter für die Jahreszeit ungewöhnlich anständig, nur zu Beginn des ersten Tages gab es ein paar Tropfen von oben, der Rest blieb durchwachsen freundlich, trocken und einigermaßen warm für die Jahreszeit. Jeder dieser zwei Tage ging von etwa 7:30 bis 17:00 abends, dazwischen eine Mittagspause von einer Stunde mit einem reichhaltigen Buffet im Hotel Hockenheimring direkt an der Strecke. Es muss nicht erwähnt werden, dass das Essen in der Kursgebühr enthalten war.

Um sich keinen Illusionen hinzugeben: der Kurs war ein hartes Stück Arbeit. Die zwei Tage waren voll gestopft mit Fahrübungen und kurzen Besprechungen der Übungsergebnisse. Die Trainer sind selbst aktive Motorsportler mit Rennerfahrung und im Nachhinein muss ich sagen, dass man diesen wirklich jedes Wort glauben konnte, jede Kritik wirklich ernst nehmen durfte. Sie sprechen offenbar wirklich aus langjähriger persönlicher Erfahrung.

Eines ist allerdings wichtig: der Kurs findet offiziell in deutscher und französischer Sprache statt, die Gruppeneinteilung trägt diesem Umstand bereits Rechnung und sorgt dafür, dass man einer deutschsprachigen Gruppe zugeteilt ist. Aber(!) man sollte sich ein wenig mit "Schwizerdütsch" auskennen, da Hochdeutsch nur auf Nachfrage zu erwarten war, im allgemeinen aber der Schweizer Dialekt vorherrschte. Wer damit von vornherein nicht klarkommt, sollte vor der Teilnahme wenigstens Kontakt mit dem Sekretariat vom ACS aufnehmen und nach hochdeutscher Sprache fragen.

Ich persönlich hatte noch ein weiteres, sehr großes Problem: ich wollte ja ursprünglich mit meinem Lotus Seven teilnehmen, hatte daher extra den spätesten Termin 2005 belegt. Nun wurde das Fahrzeug bekannterweise in 9 Monaten nicht fertig. Mit meinem Alltagsfahrzeug Audi A6 Quattro TDI Automatik wollte ich nicht diesen Kurs belegen, da das einfach nicht schnell und dynamisch genug gewesen wäre, vor allem aber die Distanz zur Strecke zu groß, das Fahrgefühl zu abstrahiert, das Auto zu groß, zu schwer, zu unbeweglich, zu elektroniküberladen, zu sicher! Was also tun?

Seit Mitte des Jahres, seit einer Probefahrt eines Opel Speedster (2.2-16V, 147PS) in Schleiz, hatte ich intensiv nach solch einem Fahrzeug Ausschau gehalten. Der Verleiher Johannes Jahreis aus Hof hatte mir damals gesagt, dass derartige Fahrzeuge gebraucht bereits für 12.000 bis 15.000 Euro zu bekommen wären, als Turbo-Variante (2.0-16V, 200PS) vielleicht auch bereits. Leider brachte ein Wälzen der Online-Inhalte diverser Autobörsen nichts zu Tage, was an passablen Saugern unter 18.000, an Turbo unter 22.000 Euro zu haben war. Und mehr als 15.000 wollte ich nicht ausgeben. Lange Rede kurzer Sinn, Hockenheim rückte immer näher, die Preise waren so wie sie sind, kommt der Prophet nicht zu Berg, kommt der Berg zum Propheten. Ich habe letztlich für 24.000 Euro glatt einen 2 Jahre alten Speedster Turbo in schwarzem Kleid gekauft, Laufleitung bei Übernahme 1.895 Kilometer, das Fahrzeug war nur wenige Tage angemeldet und lief vorher als Testfahrzeug für das Werk Rüsselsheim.

Nun hatte ich ein Fahrzeug, welches meine Ansprüche an einen Fahrerlehrgang auch automobiltechnisch voll erfüllt:
- Formelfahrwerk
- Mittelmotor, das Fahrverhalten verlangt somit einen hohen Erfahrungsgrad
- 930kg leicht
- 200PS stark
- 250Nm kräftig
- 243km/h schnell
- 4.9 Sekunden bis 100km/h flink
- wieselflink in den Kurven
- ABS
- keine weiteren elektronischen Helfer
- auch kein ESP
- keine Servolenkung
- keine Zentralverriegelung
- von Lotus in Hethel entwickelt und gebaut

Das Fahrzeug holte ich gut drei Wochen vor Kursbeginn aus Wiesbaden nach Berlin.
Hockenheim konnte nun kommen.

Die Fahrt nach Hockenheim trat ich mit Wohnmobil an, der Speedster befand sich hinten angehängt auf meinem Trailer.


92PS bei rund 5 Tonnen Gespanngewicht am 3.10.2005 abends.

Die Tour begann ich am 4.10. früh morgens gegen 6:00, in Hockenheim kam ich dann gegen 14:45 an und bezog im Paddock mein Quartier. Wie zumeist im Fahrerlager von Rennstrecken brauchte ich mein Wohnmobil nur platzsparend abstellen, mir per Kabel Strom von der Platzversorgung abzweigen und konnte bereits mit dem Abladen beginnen. Am 5. und 6.10. lief dann der Ausbildungskurs, am Abend des 6.10. dann räumte ich meinen Platz im Fahrerlager 1, da für eine Wochenendveranstaltung der Formel Lista das Paddock 1 benötigt wurde, und zog zu Bekannten der Formel V in das Fahrerlager 2 herüber. Am Morgen des 7.10. dann gegen 6:00 brach ich Richtung Oschersleben auf, wo der Freund aus Hangelsberg mit seinem Kaimann im Rahmen der Beru Top 10 innerhalb des Haigo-Starterfeldes mitfahren sollte. Dort blieb ich dann noch bis zum Sonntag. Eine schöne Nomadentour, ganz nach meinem Geschmack.


In Oschersleben, reingemogelt, in die letzte Ecke des Fahrerlagers verkrümelt, dann ausgeruht.

Nun zum eigentliche Fahrerlehrgang:

Kurstag 1, 05.10.2005:

07:00-08:15
Fahrzeugabnahme vor dem Pressezentrum im Fahrerlager 2, Bekleben der Fahrzeuge mit Startnummern.

08:15-08:55
Sachs-Haus: Begrüßung, Vorstellung der Crew, theoretischer Schnelldurchlauf der Themen Fahrdynamik und -systeme, Traktion, Ideallinie etc.

09:10-10:20
Bremstraining auf bewässerter Gleitfläche im Bereich Heliport, Differenzierung nach Fahrzeugen mit/ohne ABS/ESP (E)

10:25-11:45
Wedelslalom auf der Start-Ziel-Gerade (K bis B)

11:50-12:55
Einfahrt in die Parabolika (C)

13:00-14:05
Mittagspause

14:10-15:20
Spitzkehre am Ende der Parabolika (D)

15:25-16:35
Mini-Slalom im Fahrerlager 2 mit Zeitnahme (A)

16:40-17:50
Senna-Kurve I und II (E1 bis E2)

18:00
Ende Kurstag I, dringendes Auftanken des Fahrzeuges im Fahrerlager notwendig. Fahrstrecke 104.7km. Verbrauch 22.99 Liter. Durchschnitt 22 l/100km.

Bin übrigens die Tage mit einem verletzten linken Knie gefahren, hatte mir die Kniescheibe sehr böse angeschlagen beim Verladen des Speedy. Konnte kaum noch laufen und habe eine Hose durchgeblutet. Dennoch wollte ich den Kurs nicht absagen, habe die Zähne zusammengebissen und mit dem Bein auch die Kupplung bedient. Wat mutt dat mutt!

Kurstag 2, 06.10.2005:

07:00-07:55
Sammeln im Fahrerlager 2

08:00-09:10
Motodrom (F1 bis F2)

09:15-10_25
Rundstrecke Kleiner Kurs ohne Überholen, hierbei Stabilisierung des Fahrzeuges durch kurzes Anbremsen vor Einfahrt Start-Ziel-Gerade trainieren (K)

10:30-11:40
Fahrdynamik im Fahrerlager 2, Fahren auf nassem und trockenem Kreiskurs, Versuch des Driftens (A)

11:45-12:50
Brüggli-Kurve I (B1 bis B2)

12:55-13:55
Mittagspause, dringendes Auftanken des Fahrzeuges im Fahrerlager notwendig. Fahrstrecke 64.5km. Verbrauch 15.5 Liter. Durchschnitt 24 l/100km.

14:00-14:20
Vorstart Fahrerlager, Beobachtung der Klassen 1-3 im geführten Freien Training

14:25-14:45
Geführtes Freies Training der Klassen 4-7 (Grand-Prix-Kurs)

14:50-15:10
Vorstart Fahrerlager, Beobachtung der Klassen 1-3 im Freien Training

15:15-15:35
Freies Training (Rennen 1) der Klassen 4-7 (Grand Prix Kurs)

15:40-16:05
Vorstart Fahrerlager, Beobachtung der Klassen 1-3 im Freien Training

16:10-16:35
Freies Training (Rennen 2) der Klassen 4-7 (Grand Prix Kurs)

16:40-17:00
Verabschiedung der Teilnehmer und Überreichung der Teilnahmebescheinigungen

17:00
Ende Kurstag 2. Sprit war fast bis auf den letzten Tropfen alle! Gefahren: 117.7km, verbraucht: 30.4 Liter!!! Macht einen satten Durchschnitt von 25.9 l/100km.


Die Strecken mit den oben genannten Übungspunkten


So sehen Reifen aus, wenn sie mal richtig warm geworden sind und dann ordentlich Grip geliefert haben (die Würste an den Profilblöcken sind Gummi!)


Und das ist die Teilnahmebescheinigung, die Krönung sozusagen, einzureichen als Kopie bei der Beantragung der DMSB-Lizenz


Und dies ist der Lohn der Aktion: die Nationale DMSB Rennlizenz Stufe A.

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